Montag, 22. September 2008

Marcahuasi 20.-21.09.2008



22.09.2008

Vergangene Woche hatte ich mal wieder Zeit zu relaxen.

Am Montag und Donnerstag hab ich mir frei genommen. Meinen ersten freien Tage habe ich gemütlich zu Hause verbracht und am Donnerstag bin ich nach Chaclacaya gefahren, um Evelyn zu besuchen. Kaum dem Großstadttrubel entflohen ließ sich auch schon die Sonne blicken. Und das nicht zu wenig. Wo in Lima noch alle in dicke Kleidung gehüllt sind, laufen die Menschen in Chaclacayo mit Röckchen und Top herum. Das vermittelt doch gleich ein ganz anderes Lebensgefühl. Von Evelyn im Park abgeholt, mussten wir erst einmal was zum fressen für ihren Hund einkaufen. Und ratet mal, was wir gekauft haben? Hühnerfüßchen! Lecker. Und damit meine ich nicht nur die Knochen, sondern komplette Füße. Als ich Evelyn fragte, ob man denn hier alles essen würde, meinte sie JA. Angeblich isst man Füßchen zusammen mit einer Suppe, da sie viele Vitamine enthielten. Naja, jedem das seine.

Ich jedenfalls hab was leckeres zum essen gekriegt. Ihre Mama hat groß aufgekocht, und dazu noch alles vegetarisch. Mmh! Durfte ein ganzes Menu genießen, mit Vor- Haupt- und Nachspeise. Ist richtig sympathisch Evelyn´s Familie. Nachdem ich nach einem Rezept gefragt hab, meinte ihre Mama doch gleich, ich solle mal vorbeikommen, dann könnten wir etwas gemeinsam kochen :). Nachmittags hat mich Evelyn dann mit einer Komplett-Gesichtsreinigung verwöhnt, da sie gerade eine Kosmetikausbildung macht. Bin dann noch bis zum Abendessen geblieben, um mich relativ zeitig auf den, nicht ungefährlichen, Rückweg zu machen. Erholt und unbeschadet bin ich schließlich wieder in Magdalena del Mar angekommen.

Und am Samstag dann unsere lang geplante Reise in die Berge nahe Lima, nach Marcahuasi.
Gustavo und ich haben vereinbart uns um 1pm bereits auf der Strecke zu treffen, da er zuvor noch Französisch-Unterricht hatte. Bin auch rechtzeitig los, doch erstens gab es einen ziemlichen Stau und obendrein hab ich mich auch noch verfahren. Ärgerlich. Der arme Gustavo musste bis 1:30pm auf mich warten. Endlich im Taxi Richtung Chosica (Ausgangspunkt unserer Tour), können wir uns etwas entspannen. Da wir nicht genau wissen, wann von Chosica die Busse Richtung San Pedro de la Casta (Zielpunkt) abfahren, können wir nur auf unser Glueck vertrauen. Um kurz vor 3pm erreichen wir Chosica, Gustavo will noch seinen Rucksack ordnen, doch auf mein Drängen hin marschieren wir zuvor zur Busstation. Dort erfahren wir, dass um 3pm der letzte Bus abfährt. Glück gehabt, auch wenn es zunächst so aussieht, als ob wir die kommenden 3h Fahrt im Stehen verbringen müssten, da die einzig freien Plätze angeblich reserviert sind. Ganz frech, setzen wir uns aber trotzdem hin. Bei jedem Halt sehen wir unsere Schicksalsstunde gekommen, und meinen uns erheben zu müssen. Aber auch hier haben wir Glück.

Hinter uns sitzen ein Deutscher, eine Österreicherin und ein Taiwanese. Eine kleine Reisegruppe, der es lustig ist zuzuhören. Dazu muss man sagen, dass wir nicht gefragt haben, woher sie sind. Aber der Spanisch mit österreichischem Akzent ist einfach unverkennbar. Aufgrund der Passagieren bekommen wir eine erste Idee von den Menschen, welche in dem abgelegen Dorf San Pedro de la Casta leben. Größtenteils alte Leute, die kaum noch Zähne im Mund haben, aber überaus fröhlich sind. So kann man Unterhaltungen lauschen wie: “Ich bin etwas erkältet” – “Ja dann trink doch ein bisschen Bier! Pilsen (eine Marke) hilft bestimmt!” Schmunzel! Irgendwann fragt die alte Dame neben mir: “Und ihr, seid ihr Freunde von Marcahuasi (Gebirge, das das Dorf umgibt)?” Ich verstehe sie falsch. Glaube sie will wissen, ob wir schon Freunde in Marcahuasi haben. Sage also nein. Böser Fehler! Gerade war sie dabei allen “Freunden” ihres Dorfes eine Apfel zu schenken. Muss grinsen, als sie mir erklärt, dass in ihrem Dorf alle wie eine große Familie leben, und somit alle Freunde sind. Immerhin 500 Bewohner.
Halt machen wir in einem kleinen Dorf, wo gerade ein Pferderennen stattfindet. Alle sind ganz nervös, da es solche Highlights selten gibt. Wir verstehen den Rummel nicht so recht, aber genießen es, von fröhlichen Menschen umgeben zu sein. Laut dem Fahrer müssen wir in dem Dorf halten, da eine Pferdekaravane auf dem Weg bergabwärts ist, und wir diese passieren lassen müssen. So ganz glauben wir das nicht. Der Grund, welcher uns plausibler erscheint, ist, dass der Fahrer selbst das Rennen verfolgen möchte. Also kaufen wir uns etwas zu essen und warten das Ende des Events ab. Eilig haben wir es nicht, da wir in San Pedro de la Casta nur noch ein Bett suchen werden, um für den Sonntag fit zu sein.


Nach einer guten Stunde geht es weiter. Immer mehr entfernen wir uns von jeglicher Zivilisation, immer huckeliger werden die Strassen. Ich frage sie alte Dame neben mir, ob sie zufällig einen Don Manuel kenne. “Ja, das ist mein Onkel”. Lustig, als wir die Frau so sehen, mit ihren bestimmt schon 60 oder 70 Jahren, können wir uns in etwa ein Bild davon machen, wer Don Manuel ist. Dazu muss ich sagen, dass uns ein Freund von Paulina Tipps für unsere Reise gegeben hat, u.a. die Nacht bei Don Manuel zu verbringen.

Endlich sehen wir Lichter in der Ferne. Es ist schon dunkel und wir freuen uns endlich das Ziel in Sicht zu haben. Schlauchen doch, diese langen Busfahrten. Kaum angekommen, führt uns die Frau zum Haus ihres Onkels. Von außen ist überhaupt nicht zu erkennen, dass man dort übernachten kann und zunächst öffnet auch keiner. Den Grund dafür erfahren wir schnell. Denn bald darauf taucht ein kleiner buckeliger, fast zahnloser Mann an der Tür auf, der erst hört, wenn man ihm ins Ohr schreit: Don Manuel!

Bietet uns ein Zimmer für S/. 10 (Euro 2.50) an. Für eine Nacht auf jeden Fall ausreichend. Sind zwar von der Anreise schon ganz eingestaubt, aber duschen kann man dann zu Hause.
Am Sonntag, um 5am, stehen wir auf. Haben uns am Vorabend noch etwas Brot und Käse gekauft und das gibt´s nun zum Frühstück. Die Nichte von Don Manuel bereitet uns einen Tee mit Oregano zu, der angeblich gegen die Höhenkrankheit helfen soll. Sind hier auf einer Höhe von 3200m. Im Anschluss wandern wir los, um bis auf 4000m aufzusteigen. Die Sonne kommt bald zum Vorschein, sodass die Sonnencreme bald unverzichtbar wird. Genießen die Landschaft und kommen anfänglich auch gut voran. Haben uns für den längeren Weg entschieden, um über den kürzeren zurück zum Dorf zu marschieren. Wir sind nicht die einzigen, die so früh schon auf den Beinen sind. Viele machen sich mit ihren Eseln oder Kühen auf den Weg zu ihren Chacras (Anbaugebieten). Überall hört man Eselsgeschrei, Vögel, Tiere aller Art. Fühl mich so richtig wohl. Das gibt mal wieder Kraft. Statt Abgase und Hupgeräusche, Natur pur.

Nur ein Problemchen hab ich. Die Luft geht mir schön langsam aus. Je näher wir der 4000er Grenze kommen, umso schwerer fällt mir das atmen. Suche schon immer den nächsten Stein, um eine kleine Verschnaufpause einzulegen. Gustavo dagegen springt wie ein Füchslein durch die Gegend, immer auf der Suche nach dem richtigen Weg. Haben einen Plan bei uns, auf dem Felsformationen abgebildet sind, die Menschen oder anderen Gestalten ähneln (für das ist Marcahuasi bekannt). Finden tun wir leider keine einzige. Das heißt, wir finden schon was, aber diese Gebilde entspringen unserer eigenen Fantasie. Endlich glauben wir das Amphitheater entdeckt zu haben, welches auf dem höchsten Punkt unserer Tour liegt. Endlich Pause, denken wir! Doch als wir nach verzweifeltem Suchen den Rückweg nicht entdecken, müssen wir weiter aufsteigen. Und wies der Zufall so will, finden wir tatsächlich das Amphitheater, jedoch an anderer Stelle als gedacht. Von den Felsen weiterhin keine Spur. Jetzt mag ich nicht mehr, brauche Luft und die bekomme ich schon bald, da wir uns auf den Rückweg machen müssen. Nehmen also die selbe Rute wie beim Aufstieg, da uns die Zeit davonläuft. Zwischen 1 und 2pm fährt der letzte Bus zurück nach Chosica und den dürfen wir nicht verpassen. Ausgepowert erreichen wir um ca. 1pm San Pedro. Scheint sich schon herumgesprochen zu haben, dass wir zwei Touristen hier sind. Auf dem Weg treffen wir auf einen alten Mann, der es bedauert, dass wir schon abreisen, da er uns auf ein Fest einladen wollte. Viele schmunzeln, als sie uns sehen und im Schatten eines Hauses entdecken wir Don Manuel. Gustavo legt gleich los, um ihm von unserer Tour zu erzählen. Kann ihn gar nicht bremsen, auch wenn der arme Don Manuel das meiste überhaupt nicht hören kann.

Machen uns noch schnell frisch in unserer Herberge, mittlerweile von oben bis unten zwei einzige Staubwolken, und suchen uns einen Platz im Bus. Sind komplett erledigt, der Kopf tut ein bisschen weh und die Aussicht auf die lange Heimreise lässt keinen großen Glücksgefühle aufkommen. Bald darauf huckeln wir los. Und huckeln ist untertrieben. Schweben mehr in der Luft, als wir uns auf den Sitzen halten können. Und dazu auch noch ein Action-Film, wo die ganze Zeit geballert wird. Zum Ausruhen kommen wir also kaum. Aber die tolle Aussicht entschädigt. Um ca. 5pm sind wir endlich in Chosica, wo wir gleich einen Micro nach Lima suchen, und finden. Und kurz darauf sind wir wieder vom Grau und der Armut von Lima´s Randgebieten umgeben. Nie ruht die Stadt, nicht einmal am Sonntag. Brauchen ewig, bis wir zu Hause ankommen.
Kochen uns was zum essen, Gustavo´s Eltern holen unsere Dreckwäsche ab und so verbringen wir die letzten freien Stunden, bevor uns der Alltag wieder einholt. Hab glaub ich noch gar nicht erwähnt, dass unsere Wäsche immer gewaschen wird und wir uns somit den Stress sparen, immer zur Wäscherei zu laufen. Bringen uns auch immer was zum essen mit, und dieses Mal hab ich sogar ein paar Geschenke gekriegt :). Total süß! Kann mich also nicht beschweren. Nur, dass das Wochenende schon wieder vorüber ist, der Gedanke gefällt mir gar nicht. Noch dazu, da ich jeden Knochen von unserer Bergtour spüre und außerdem komplett verbrannt bin. Haben Sonnencreme mit Lichtschutzfaktor 70 verwendet und doch scheine ich ein paar Stellen nicht gut eingeschmiert zu haben. Ein Auge sieht aus, als hätte ich eine drauf gekriegt, dabei ist es doch nur verbrannt :(. Aber die Strapazen waren´s auf jeden Fall wert.

Und schon ist wieder Montag. Hatte überhaupt keine Lust in die Arbeit zu gehen, da es in meinen beiden Projekten momentan kaum Arbeit gibt und ich schon einen langweiligen Tag vor mir sah. Also hab ich mir Ruth, meine Vorgesetzte, geschnappt und um neue Aufgaben gebeten. Und schon gibt´s wieder was zu tun :). Werd Paulina bei der Datenbearbeitung unserer Aktivisten unterstützen. Ist nicht grad die aufregendste Aufgabe, aber mich noch in ein neues Themas einzuarbeiten, lohnt sich nicht wirklich, bei den paar Tagen, die ich noch hier bin.

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