23.08.2008
Endlich zu Hause angekommen. Kaum aus Chaclacayo zurück dachte ich, ich geh mal wieder ganz gemütlich in meinem Lieblingssupermarkt, Santa Isabella, shoppen, da´s im Kühlschrank ziemlich mau ausschaut. Also bin ich losmarschiert, einmal um den Block, dann noch ein wenig die Gegend erkundschaftet, um die Sonnenstrahlen aufzufangen, die heute unverhofft Lima erstrahlen lassen. Endlich am Zielpunkt angelangt, bin ich erst einmal komplett verwirrt. Wo ist mein Supermarkt hin??? Steh plötzlich vor einem nagelneuen Vivanda (einer der teureren Lebensmittelgeschäfte hier). Es kann doch nicht sein, dass in den wenigen Monaten Santa Isabella verschwindet und so schamlos ersetzt wird. Versuch mich erst einmal zu orientieren, so wirklich glauben kann ich das ja nicht. Und da ich ein Talent dafür hab mich ständig zu verlaufen, denke ich auch noch eine ganze Weile, dass dies der Grund sein muss. Zu meinem Entsetzen muss ich jedoch feststellen, dass es sich um keinen Irrtum handelt. Tja, der Kapitalismus verschont leider auch nicht Lima, sodass die kleinen Geschäfte langsam den Namhafteren weichen müssen.
Nun gut, kann man nix machen.
Mittlerweile ist die Sonne schon verschwunden und ich hör grad Musik auf meinem Lieblingssender. Im Hintergrund hört man Daniela, unser Nachbarbaby, schreien. Die kleine Maus hat doch tatsächlich rund um die Uhr stündlich Hunger. Doch wenn ihr jetzt meint sie ist schon ein kleiner Mobs, täuscht ihr euch. Keine Ahnung wo die Kleine die ganze Milch hinsteckt.
Werde mir heute einen gemütlichen Abend zu Hause machen, ein wenig aufräumen und mir einen Film ansehen. Gustavo ist in Chaclacayo - dazu gleich mehr - geblieben, um dort mit seinen Freunden einen guten Kumpel zu verabschieden, der bald für ein paar Jahre nach Chile geht. Zunächst war ich traurig, dass er das Wochenende nicht zu Hause ist, aber jetzt freue ich mich richtig auf einen gemütlichen Abend alleine :).
Jetzt aber mal zur Hochzeit von Evelyn. Am Freitag morgen sind wir erst einmal gemütlich frühstücken gegangen, um uns im Anschluss auf den Weg nach Chaclacayo, einem Stadtteil von Lima, zu machen. Am Vortag hab ich Paulina nach der Arbeit nach Hause begleitet, weil sie mir angeboten hat, mir eines ihrer Kleider zu leihen. Und ich hatte Glück! Also kann nun nichts mehr schief gehen. Die Anreise dauert über 1,5 Stunden, da Chaclacayo ziemlich weit weg ist vom Zentrum. Ich bin schon ganz aufgeregt. Erstens freue ich mich immer auf Hochzeiten und zweitens kann ich es kaum erwarten in die Sonne zu kommen. Schließlich hat man mir gesagt, dass in Chaclacayo immer die Sonne scheint.
Wir kommen näher und näher, aber von der Sonne keine Spur. Trotzdem scheint es ein recht schönes Viertel zu sein. Beim Standesamt angekommen, werden wir dann gleich weiter zu Evelyn´s Haus geschickt. Kurzfristig wurde die ganze Zeremonie in ihr Anwesen verlegt. Wir sind die ersten Gäste und werden gleich mal mit Sangría ruhig gestellt. D.h. ich krieg bloß wenig ab, denn als ich für ein Weilchen verschwinde, um Evelyn beim ankleiden zu helfen, löst sich mein Sangría auf mysteriöse Weise in Luft auf. Naja, hätte Gustavo nicht so lange alleine lassen dürfen, so ganz ohne Gesellschaft ;). Wein ist schließlich immer ein treuer Gefährte in einsamen Momenten.
Um 14Uhr gehts dann endlich los. Leider hab ich kurz zuvor noch erfahren, dass ich nicht Trauzeugin werden kann, da ich noch nicht mehr als drei Jahre in Peru lebe. Schnief! Aber für Evelyn war das auch nicht schön zu hören, da sie im letzten Moment noch irgendjemanden suchen musste. Da frag ich mich schon. Vor ein paar Tagen musste sie meinen Pass im Standesamt vorlegen und keiner sagt was. Und dann, wenige Minuten vor der Trauung, wird ihr dies mitgeteilt. Nun gut, so ist das hier eben. Ruhe bewahren und Lösung suchen! Zu ändern ist eh nix. Die Trauung an sich ist schön, bin die ganze Zeit am fotografieren, daher bekomme ich nicht alles mit. Aber Gustavo hat ein schönes Video aufgenommen, also werde ichs mir in einem ruhigen Moment nochmal anschauen. Im Anschluss dann der Hochzeitswalzer und ein Prost auf das Brautpaar. Ganz wie bei uns. So verbringen wir dann den Nachmittag. Gutes Essen, viel Alkohol und interessante Gespräche. Ganz überraschend spricht mit einer der Gäste auf deutsch an. Erzählt mir, dass er drei Jahre in Deutschland studiert hat. Ist schon witzig, wo man hinkommt stößt man auf jemanden, der entweder die deutsche Sprache beherrscht oder Verwandte in Deutschland hat. So weit hat es unser kleines Stückchen Land gebracht :).
Gegen 18Uhr ziehen sich dann die meisten zurück. Wir auch. Suchen uns ein Hostal in der Nähe und werden auch schnell fündig. Auf einmal überkommt mich so eine Müdigkeit, dass ich bloß noch ins Bett falle und weg bin. War wohl doch zu viel Wein. Wollte schon immer ablehnen, als man mir wieder ein volles Glas vor die Nase gestellt hat. Aber da jedes Mal ein Prost auf die Vermählten ausgesprochen wurde, konnte ich auch nicht nein sagen. Blöd, dass das Ganze immer ein Nachspiel hat. Eigentlich wollten wir uns noch mit Evelyn und Christopher (Bräutigam) zusammentreffen. Aber keine Chance.
Am nächsten Morgen bin ich dann gar nicht fit. Wollten eigentlich Chaclacayo erkundschaften, aber dafür bleibt nur noch wenig Zeit. Gehen als gemütlich essen und wandern dann noch ein wenig ´rum, mit einem Abstecher zur Apotheke, wo ich mir eine Kopfschmerztablette gönne. Obs wirklich eine war, weiß ich nicht. Das blöde ist, dass man hier in die Apotheke geht, sagt was einem fehlt und einem dann irgendeine Tablette gegeben wird, ohne Packungsbeilage, ohne weitere Erläuterungen. Zwar geben sie einem die Beschreibung, wenn man explizit danach fragt, aber kaum jemand will Details wissen. Hannah konnte mal drei Nächte nicht schlafen, weil sie eine zu starke Tablette gekriegt hat. Dazu kommt, dass fast alle Mittelchen Antibiotika enthalten. Hauptsache der Schmerz verschwindet so schnell wie möglich! Eines der Dinge, das unbedingt verbessert werden müsste. Erst habe ich auch erfahren, dass es, wie für Cds und Filme, einen Schwarzmarkt für Medikamente gibt. Das ist wirklich fahrlässig. Gerade die Menschen, die am wenigsten Geld haben, unter den unhygienischsten Bedingungen leben, kaufen dort ein. Oft ist die Medizin abgelaufen und die Verkäufer verstehen überhaupt nichts von ihren Produkten. Grauenhaft, welche bösen Folgen das Ganze mit sich bringen kann!
Nun aber wieder zurück nach Chaclacayo. Nach dem Essen machen wir also ein wenig die Gegend unsicher. Finden auch einen schönen Fluss, an dem sogar ein Park angelegt wurde. Allerdings kostet der Eintritt. Also setzen wir uns auf eine Bank und genießen die Sonne. Und was sehen meine Äuglein da. Uns gegenüber ist ein Industriegelände. Der Drahtzaun trägt ein Schild, das folgendes besagt: Privatgrund: Betreten verboten, Anweisung zum schießen! Uff, Schock. Hier betritt man das Gelände also nicht nur auf eigene Gefahr, sondern wird zugleich zum Freiwild. Na hoffentlich verschlägt es da nicht mal ein paar Kinder zum spielen hinein. Ob es wirklich soweit kommen kann, keine Ahnung, zweifle ich an, aber allein schon die Aufschrift lässt einen schlucken.
Ja und schon ist es 14Uhr. Gustavo wird jetzt noch ein Stück weiter fahren, um sich mit seinen Freunden zu treffen und mich setzt er in einen Micro in Richtung nach Hause. Weist mich noch ausführlich auf alle Gefahren hin und besteht darauf, dass ich mich melde, sobald ich heil angekommen bin. Ich natürlich wie immer unbesorgt, spring auf den Beifahrersitz und freu mich über meinen Luxusplatz mit Panoramablick. Sperr die Türe von innen zu und glaube mich sicher. Erst ist auch alles ruhig, kann sogar heimlich ein bisschen filmen. Mit heimlich meine ich so, dass nicht jeder meinen Fotoapparat sieht, denn das könnte gefährlich werden. Bald darauf kommen wir in die Gegend, wo ein großer Obstmarkt ist. Gustavo hat mit explizit darauf hingewiesen, dass ich dort wachsam sein soll. Bin ich natürlich nicht, trotz der Warnung des Fahrers, nochmals zu überprüfen, ob die Tür auch gut verschlossen ist. Türe ist geschlossen, Rucksack ist auf meinem Schoss, also kann nichts mehr schief gehen. Denke ich zumindest. Doch eines habe ich vergessen. Das Fenster, das zum aufschieben ist, steht einen Spalt weit offen. Kaum kommt der Micro kurz zum stehen, geh ruckartig das Fenster neben mir auf und ich spüre, wie jemand versucht mir den Rucksack zu entreißen. Check in dem Moment überhaupt nicht was los ist. Weiß auch nicht, was geschehen ist, dass der Kerl kurz darauf aufgibt und ich das Fenster mit Schwung zumachen kann. Erst als ich einen Kratzer an meiner Hand entdecke, verstehe ich was gerade passiert ist und welch ein Glück ich gehabt habt. Man möchte jetzt vermuten, dass das Ganze für Aufruhr und Unruhe im Bus gesorgt hat. Gar nicht. Wir fahren weiter, als wäre überhaupt nichts passiert. Keiner fragt, ob alles in Ordnung ist, der Fahrer macht weiterhin seine Scherze mit seinem Kollegen... Ich verstaue meinen Rucksack bei meinen Füßen und nimm selbst alles so hin, als wäre es das normalste auf der Welt. Auch wenn in meinem Rucksack mein Fotoapparat, Geld, mein Ausweis, mein Handy und meine Schlüssel sind. Und ich sag noch zu Gustavo im Scherz: "Wenn sie mich auf der Reise überfallen, steh ich so richtig ohne alles da." Gut (oder auch nicht gut), jetzt hab ich die Erfahrung auch hinter mir. Zum Glück ohne Schaden oder Verluste davon zu tragen.
Sonst ist die Heimreise aber ohne Probleme verlaufen. Im Endeffekt waren es zwei tolle Tage, die ich in vollen Zügen genossen habe. Und das Schönste, die Sonne ist nicht in Chaclacayo geblieben, sondern hat es bis nach Lima geschafft.
Sonst ist die Woche nicht allzu viel passiert. Das übliche. Arbeit, ein bisschen was lernen, mich mit dem Micro verfahren.... :)
So, jetzt knurrt mein Bäuchlein. Hab mir einen leckeren Choclo (Mais) gekauft und den werde ich mir bei einem guten Film gönnen.
Morgen treffe ich mich dann mit Theresia. Haben beschlossen ein wenig die Inka Märkte unsicher zu machen. Da wir beide der auf Suche nach ein paar Dingen sind, keiner sich aber die ganzen Verkäufer, die einen überfallen, alleine antun will, kämpfen wir uns gemeinsam durch.
Auf in neue Abenteuer!
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