Dienstag, 9. Oktober 2007

Zurück aus dem Zentral-Urwald Perus



So, jetzt muss ich die Eindrücke der letzten Tage erst einmal verarbeiten. Soeben hab ich mir einen Teil der fast 500 Fotos angeschaut, die wir zu viert aufgenommen haben. Es wird allerdings noch ein paar Tage dauern, bis ihr sie zu sehen bekommt, weil ich erst die schönsten auswählen will.

Jetzt aber mal von Anfang an :-)

Am Donnerstag Mittag treffen Anna, Carlos, Gustavo und ich uns bei dem Reiseunternehmen in La Victoria (Lima), um uns auf den Weg in den Dschungel zu machen. Der Bus ist nicht, wie abgemacht, mit Halbbett und zwei Etagen, hat dafür aber auch weniger gekostet. 25Soles (ca. 7,50 Euro) für einen schlichten Bus ohne Klo. Kann mir erst gar nicht vorstellen, wie ichs so lange ohne WC aushalten soll, aber es geht alles. Machen nach einigen Stunden mal ne Pause, so dass es diesbezüglich keine Probleme gibt. Eine schwache Blase sollte man allerdings nicht haben. Von den äußersten Randbezirken in Lima gehts ab Richtung Gebirge, bis wir bei 4800m auf dem höchsten Punkt unserer Tour angelangt sind. Zum Glück hat keiner Atembeschwerden, somit können wir alle die gigantische Aussicht aus dem Bus genießen. Schließlich verdichtet sich das Landschaftsbild immer mehr und am frühen Abend erreichen wir nach gut 9,5h Fahrt wohlbehalten La Merced. Dort ändern wir unsere Pläne aus Sicherheitsgründen und fahren nicht, wie geplant, weiter nach Oxapampa, sondern nehmen uns stattdessen eine Unterkunft vor Ort. Schon im Bus wurde uns davon abgeraten im Dunkeln weiterzufahren. Gut, die Einheimischen werdens schon wissen. Gehen nur noch gemütlich was essen hauen uns dann aufs Ohr. Um 4:30h müssen wir dann auch schon wieder raus, um den ersten Bus nach Oxapampa zu erwischen. Und die Reise geht weiter. Auf einem abenteuerlichen Weg brettern wir gute 3 Stunden nach Oxapampa. Endlich angekommen düsen wir mit einem Motortaxi zu unserem reservierten Bungalow. Naja, düsen ist gut. Das Motortaxi von Anna und mir hat schon bald keinen Sprit mehr und so darf unser Fahrer uns zum Ziel schieben. Erzählt uns auf dem Weg was von David und Goliath und meint er sei so stark wie Goliath, als wir ihm unsere Hilfe anbieten wollen :-). Beim Bungalow angelangt entscheidet sich schnell, dass wir dort nicht bleiben werden. Ziemlich teuer für peruanische Verhältnisse und in Oxapampa gibt es auch nicht wirklich viel zu tun. Nach einem ausgiebigen Frühstück packen wir somit wieder unsere Sachen und setzen uns in den nächsten Micro (Bus) nach Pozuzo. Weitere 3 Stunden Fahrt. Mittlerweile sind wir schon von oben bis unten eingestaubt, weil durch das offene Fenster permanent Staub hereingewirbelt wird. In Pozuzo (deutsch-österreichische Kolonie) fühlen Anna und ich uns erst einmal ziemlich komisch. Peruaner mit blauen und grünen Augen, Kinder, die Deutsche sein könnten. Häuser, die der heimischen Architektur in nichts nachstehen und zudem auch noch ein Mischmasch aus Schlagermusik und peruanischen Klängen. Unheimlich sag ich euch. 10.000km von zu Hause weg, mitten im Dschungel und dann fühlst du dich plötzlich wie in Deutschland vor einigen Jahrzehnten. Als hättest du dich in eine Zeitmaschine gesetzt. Schnell finden wir eine schöne Unterkunft. Bei der Tirolerin Maria Egg, einer alten Dame, deren Ururgroßeltern zu den ersten Bewohnern von Pozuzo zählten, finden wir einen schönen Bungalow, den wir auch gleich beziehen. Fürs Frühstück verspricht sie uns einen Bananenstrudel und in ihrem tiroler Dialekt erzählt sie uns ihre Lebensgeschichte. Abends schleichen wir noch ein wenig durch das Dorf und schließen den Tag mit einer leckeren Pizza und Maracuya-Coctails in Marias kleinem Restaurant ab. Alleine schlendere ich noch eine Weile durch das Anwesen von Maria, um der Natur zu lauschen und die frische Luft des Dschungels zu genießen. Ein kleines Paradies. Am nächsten Tag sehen wir uns das Museum von Pozuzo an. Zwei Peruanerinnen in tiroler Tracht führen uns durch die Ausstellung und gewähren uns einen Eindruck in die Geschichte der Kolonie. Meine interessanteste Entdeckung: Zu den ersten Einwanderern zählten auch ein paar Leute aus Rosenheim, Kolbermoor und Aibling :-). Unglaublich! Wie im falschen Film. Da werd ich wohl mal im Archiv in Rosenheim auf die Suche gehen. Da Pozuzo nicht allzu groß ist und wir noch einige Pläne haben, machen wir uns Mittags auf den Rückweg nach La Merced. Zuvor halten wir aber noch an einer Catarata. Eine Catarata ist eine Art Oase mit Lianen, Wasserfall und kleinen Naturbecken, in denen man baden kann. Wow, was für ein Feeling. Wir sind die einzigen Touristen, um uns herum nur ein paar einheimische Kinder und sonst Natur pur. Nach einer ausgiebigen Abfrischung gönnen wir uns dann einen Bananenstrudel. Lecker, lecker. Und auf mich wartet noch ein kleines Abenteuer. Kaum dass ich mich verseh packt mich ein kleines Mädchen am Arm und schleppt mich zu einer Art Affenschaukel. Und schon krieg ich einen Gurt angelegt, um mich einige Sekunden später wie Jane durch die Luft zu schwingen. Nervenkitzel pur! So ein Spaß! Jetzt hab ich zwar ein paar Blutergüsse am Oberschenkel, aber der Spaß wars auf jeden Fall wert. Ja und dann kommt der Regen. Etwas verunsichert, ob wir bei nassen Straßen überhaupt fahren sollen, entschließen wir uns letztlich doch dazu das Risiko in Kauf zu nehmen. Und schon gehts weiter. Abends sind wir dann wieder in La Merced und suchen eine Unterkunft. Leider gestaltet sich das nicht ganz so einfach wie erwartet. Wegen dem Feiertag am Montag sind Leute von allen Ecken angereist und waren bereits schneller wie wir. Die ersten Unterkünfte, die wir uns ansehen gleichen mehr einer Knastzelle als allem anderen. Doch wir haben Glück. Schließlich finden wir doch zwei Zimmer, die so einigermaßen ok sind. Duschen will ich da zwar nicht und auf die Toiletten kann ich auch ganz gut verzichten, aber sonst passts schon. Kurz frisch gemacht und dann gibts endlich mal wieder was zu essen. Entdecken ein ganz nettes Lokal, wo lecker Fruchtsäfte und Obstsalate angeboten werden. Das soll dann auch unser Stammlokal für die verbleibende Zeit werden. Abends hauen sich Anna und ich dann ziemlich zeitig aufs Ohr, während die Jungs noch ein wenig die Stadt unsicher machen. Am Sonntag dann endlich die geplante Tour nach Perené. Unser Reiseführer: ein dreizehnjähriger Peruaner, den wir Choclito (Maiskölbchen) nennen. Und mit seinem gelben T-Shirt gleicht er auch wirklich einem kleinen dicken Maiskölbchen :-). Nein, damit wollen wir ihn keineswegs beleidigen. Ganz im Gegenteil. Er hat unsere Reisegruppe Banda de Choclito genannt (Gruppe vom Maiskölbchen) und somit ist er der Choclito. Ein richtig süßer kleiner Kerl, der schon mit 10 Jahren angefangen hat als Reiseführer zu arbeiten. Und ich muss ganz ehrlich sagen, dass hätte ich bei weitem nicht so gut hingekriegt. Also gings mit Choclito los Richtung Fluss. Von dort aus konnte man sehr gut den Indio Dormido (schlafender Indianer) sehen. Das ist ein Berg, der aussieht wie ein schlafender Mann. Beeindruckend! Nach einem kurzen Spaziergang heißt es dann Mückenschutz auftragen und ab zum nächsten Ausflugsziel. Schließlich landen wir bei einem Indianerstamm, den Ashaninkas.
Dort werden wir in die dortige Tanzkunst einwiesen und bummeln im Anschluss noch ein wenig durch die zahlreichen Stände, welche deutlich machen, wie sehr sich der Stamm bereits auf den Tourismus eingestellt hat. Noch eine Ananas als Wegstärkung und schon gehts weiter. Die nächste Catarata wartet schon. Nicht so ruhig wie die erste, weil einfach viel zu viele Touristen da sind, aber dennoch wunderschön. Machs mir gleich einmal unter einem Wasserfall gemütlich, was man im Anschluss an meinem roten Rücken sehen kann. Trotzdem ich normalerweise sehr beliebt bin bei den Mücken sticht mit nicht eine Mosquito in der Catarata. Glück gehabt. Und schon ist der Hunger wieder zurück. Kauf mir eine Kokosnuss und schlürf schnell meine Milch aus. Doch wie krieg ich die Kokosnuss jetzt auf?! Frag an einem Stand nach einem Messer und dann krieg ich gleich eine halbe Machete in die Hand. Damit gehts wenigstens schnell auf :-). Schauen uns noch schnell eine weitere Catarata an und setzen dann unsere Reise fort. Anna und ich haben mittlerweile schon lauter Beulen am Kopf, weil wir wie abgesprochen immer gleichzeitig gegen die Rückschreibe des Busses knallen, wenn wir wieder durch ein Schlagloch brausen. Naja, ich sag nur soviel, die Busse, die da rumfahren wären in Deutschland schon lange auf dem Schrottplatz. Anna tropft der Rost von der Decke auf die Schulter, mein Hintern ist von der drahtigen Bank schon ganz durchgeprügelt und Pause wird dann eingelegt, wenn der Bus eine Platten hat :-). Das ist Abenteuer! Weiter gehts zum Mittagessen in ein angeblich super Restaurant. Sieht auch auf den ersten Blick nicht schlecht aus. Nur leider haben wir Mädels immer das Glück entweder ziemlich spät unser Essen zu kriegen oder gar nicht. Dieses Mal leider gar nicht. Also gehen wir uns abwechselnd beschweren und als wir merken, dass wir nichts erreichen sträunern wir durch das Dorf auf der Suche nach etwas Essbaren. Immerhin finden wir ein paar Kekse. Nun gut, muss reichen bis zum Abendessen. Mit einer kleinen Bootsfahrt nahe dem Restaurant schließen wir unsere Tour dann schon fast ab. Im Dunkeln machen wir uns auf zur letzten Station. Choclito erzählt uns Gruselgeschichten, die uns aber eher die Augen zufallen lassen. Erst als er anfängt Spielchen mit uns zu spielen sind wir wieder voll dabei. So vergeht die Zeit schnell und schon sind wir an einer Art Lagerhalle angelangt wo man Kaffee und alles was mit Kaffee zu tun hat kaufen kann. Wir entschließen uns aber lediglich dazu alles zu probieren, was an Likör-Kostproben angeboten wird, um den Kaffee an einem weniger touristischen Ort zu kaufen. Der Kaffee von La Merced wurde letztes Jahr als der beste Kaffee weltweit ausgezeichnet. Und schon ist der Tag wieder fast vorüber. Da man ja zumindest einmal das Nachtleben vor Ort kennen lernen muss, fahren wir mit dem Motortaxi zu einer etwas abgelegenen Disco, wo sich, wies aussieht, alles trifft was irgendwie aus der Gegend kommt. Um ca. 3h ist dann aber Schluss und wir schwingen uns ins Bett. Schließlich ist die Rückreise nun nicht mehr weit weg und wir wollen früh aufstehen, um noch ein paar Einkäufe zu erledigen. Das machen wir dann auch noch am Montag morgen. Claro sinds bloß wir Mädels, die letztlich aufgepackt bis obenhin wieder aus dem Markt rauskommen. Kaffee, Obst und was sonst eben noch so hergeht.... Ein bisschen wehmütig steigen wir wieder in den Bus. Ich zumindest. Der Bus ist jedenfalls schon einmal schöner, als der bei der Anreise. Ein Kloo hat er aber leider wieder nicht. Nach 5 Stunden bringen wir den Busfahrer dann auch endlich mal so weit eine Pinkelpause einzulegen. Anna und ich habens doch tatsächlich geschafft, beinahe die gesamten 9 Stunden Fahrt zu ratschen. Aber so lernt man sich eben besser kennen :-). Mein Quechua-Buch hab ich ja zumindest schon mal auf dem Schoß gehabt. Leider war der Aufwand es zu öffnen zu groß. Kaum erreichen wir Lima gehts auch schon wieder mit der Huperei und dem Chaos auf den Straßen los. Da fühlt man sich doch gleich wieder heimisch ;-). Erst einmal brettern wir verkehrt herum durch eine Einbahnstraße, wobei sämtlich Straßensperren mitgenommen werden. Die Polizei sieht alles, aber normal, keiner sagt was. Im Anschluss taucht plötzlich ein Hund vor dem Bus auf. Mir, wo ich mir grad den Platz an der Frontscheibe ergattert hab, bleibt fast das Herz stehen. Ob der Hund noch rechtzeitig ausweichen kann, kann ich leider nicht sehen. Ich hoffe das Beste. Um 21h hat der Nervenkitzel dann ein Ende und wir kommen beim Reiseunternehmen in Lima an.

Soviel zu meiner Reise. Ich hoffe, ich konnte euch einen kleinen Eindruck vom Zentral-Urwald Perus vermitteln, auch wenn es mir nie gelingen wird euch die Bilder, die ich gesehen hab, auch nur annähernd nahe zu bringen :-(.

Jetzt aber genug. Schließlich folgt schon bald der nächste Reisebericht, dann aus Iquitos :-).

Bussiiiii

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